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Fourkites wächst mithilfe der Kunden Millionen für Zukäufe in der Kasse

Vernetzung, Digitalisierung, Lkw, digitale Transformation Foto: stock.adobe.com/kamonrat

Europachef Marc Boileau bläst mit der Supply-Chain-Plattform Fourkites zum Angriff. 50 Millionen Euro für Zukäufe in der Kasse.

trans aktuell: Fourkites kommt aus Chicago. Wie viele Kunden und Mitarbeiter hat das Unternehmen in den USA?

Marc Boileau: Wir haben insgesamt etwa 550 Mitarbeiter, davon rund 250 in den USA, sowie mehr als 550 Kunden im Four­kites-Heimatmarkt.

Wie kam es zu dem Sprung nach Europa?

Wir haben mit unseren internationalen Kunden und durch Übernahmen expandiert. Fourkites beliefert einige der größten Unternehmen der Welt, und deren Lieferketten sind global und komplex. Darunter sind Unilever, Dow Chemical, AB Inbev und Henkel, um nur einige zu nennen. Sie alle sind auf globale Sichtbarkeit angewiesen. Unilever und AB Inbev waren die ersten ausschließlich europäischen Verträge. Unilever hat seine Partnerschaft mit Fourkites seitdem auch auf andere Regionen ausgeweitet. Heute bedient Fourkites in Europa eine Mischung aus neuen globalen Versendern und Kunden, die bereits in anderen Regionen mit uns zusammenarbeiten und nun mit unserer Plattform nach Europa expandieren.

Wie hat sich der europäische Markt bisher entwickelt?

Sehr dynamisch, angefangen mit der Eröffnung unserer europäischen Zentrale in Amsterdam im Jahr 2019. Verlader und Logistikdienstleister wie auch 4PL sind begeistert von den Lösungen, die wir auf den Markt bringen, und sie glauben an unsere gemeinsame Partnerschaft, um Lösungen weiterzuentwickeln, die ihr Geschäft unterstützen.

Wie meinen Sie das?

Noch nie da gewesene Unterbrechungen der Lieferkette haben globale Transparenz zu einem Muss gemacht, und Echtzeittransparenz wird von vielen B2B-Kunden ebenso erwartet wie von Verbrauchern im Alltag. Die Verlader in Europa haben dies erkannt. Allein in den letzten zwölf Monaten verzeichnete Fourkites einen Zuwachs von 148 Prozent bei den Sendungen im EMEA-Raum mit mehr als 850 Millionen getrackten Kilometern im Jahr 2021. Das entspricht beinahe einer Verdoppelung. Hinzu kommt ein Plus von rund 35 Prozent mehr Spediteuren, die unsere Lösung nutzen, um ihre Ladung in ­Europa zu verfolgen. Des Weiteren verzeichnen wir einen 2,5-­fachen Zuwachs des monatlichen Teil­ladungsgeschäfts.

Welche Erfahrungen haben Sie in Europa gemacht?

Die Grundlage unseres Produkts war schon immer die Co-Innovation durch den Kunden. Weltweit, auch in Europa, haben wir eine lange Tradition darin, unsere Kunden in die Produktplanung und den Entwicklungsprozess einzubeziehen. So haben wir beispielsweise 2019 in Zusammenarbeit mit AB Inbev eine Funktion für Verlader entwickelt, mit der sie die von ihren Spediteuren und Subunternehmern tatsächlich zurückgelegten Kilometer verfolgen können. Kürzlich haben wir zudem ein großes Onboarding-Projekt mit Barilla in Italien vorgenommen, bei dem sechs lokale Teammitglieder dafür gesorgt haben, dass ihre Teams sehr schnell einsatzbereit waren.

Wie wollen Sie an dieser Stelle weiter vorgehen?

Ein netzwerkgesteuerter Prozess ist sowohl für Verlader als auch für Spediteure ein wichtiger Erfolgsfaktor. Wenn Sie die Unterstützung des Netzwerks gewinnen, schaffen Sie einen Mehrwert für den gesamten Markt. Das bedeutet zum Beispiel, dass je mehr Spediteure den Wert von Fourkites erkennen, desto mehr Sichtbarkeit werden sie für ihre Spediteure und ihre Verladerkunden schaffen, was eine Win-win-Situation für uns alle darstellt. Eine unserer Aufgaben in Europa ist es, sicherzustellen, dass die Spediteure von unserer Plattform einen Wert erhalten, der dem Wert entspricht, den sie mit unserem Netzwerk teilen.

In welchen Verkehrssektoren und Branchen ist Fourkites besonders erfolgreich?

Wir bedienen Unternehmen aus allen Sektoren, aber wir sind besonders erfolgreich in den Bereichen Einzelhandel, Konsumgüter, Auto/OEM/Teile, Bauwesen, Warehousing und Chemie.

Inwieweit unterscheidet sich der europäische Markt vom US-amerikanischen?

Es gibt eine Reihe von Unterschieden zwischen dem europäischen und dem amerikanischen Markt. Es gibt 51 Länder in Europa, und der Markt ist daher stark fragmentiert. Er ist auch komplexer, wenn man bedenkt, wie viele verschiedene Sprachen gesprochen werden. So befinden sich beispielsweise viele Anbieter in Ost- und Mitteleuropa und sprechen nicht immer Russisch, Deutsch oder Englisch.

Wie haben Sie hier reagiert?

Unsere Materialien und die App sind mittlerweile in 18 Sprachen verfügbar. Im Laufe des nächsten Jahres werden wir uns darauf konzentrieren, alle unsere Systeme noch benutzerfreundlicher und für die Fahrergemeinschaft noch nützlicher zu machen.

Und sonst?

In Europa gibt es viel mehr Spediteure als in den USA. In Europa gibt es etwa 800.000 Straßentransportunternehmen, in den USA dagegen nur 450.000. Im Vergleich zu den USA gibt es bei uns auch viele kleinere Spediteure mit nur drei Lastwagen, und der Eigentümer fährt unter Umständen sogar selbst und erledigt Büroarbeiten in der Nacht, oft mithilfe von Excel-Tabellen. Einige dieser Spediteure fahren vielleicht nur in einem Land, während andere die Arbeit an einen anderen Spediteur in einem anderen Land weitervergeben. Es ist also von entscheidender Bedeutung, dass wir nicht nur mit einer großen Anzahl von Spediteuren in Verbindung stehen, sondern auch mit vielen verschiedenen Kulturen kommunizieren, um erfolgreich zu sein.

Wie sieht das mit Blick auf den Sendungsumschlag aus?

Ein Problem in Europa im Vergleich zu den USA ist tatsächlich, dass wir nicht die gleiche Fläche haben. Da unsere geografische Lage beengter ist, sind die Höfe und Lagerhäuser kleiner. Wir haben keinen Platz für viele Lkw, die in der Schlange stehen. Wir müssen also effizienter mit den ankommenden und abfahrenden Lastwagen umgehen, was die Sichtbarkeit entscheidend macht.

Sie wollen den Transport auch nachhaltiger gestalten. Wie?

Mit dem Fit-for-55-Paket der Europäischen Kommission sollen Kohlenstoffemissionen bis 2030 um 55 Prozent reduziert werden und bis 2050 bei null liegen. Einfach gesagt bedeutet dies, dass wir uns als Kontinent das Ziel setzen, in nur acht Jahren CO2-neutral zu sein. Die Europäische Kommis­sion hat einige sehr ehrgeizige Pläne vorgelegt, die erhebliche Steuererhöhungen auf CO2-Emissionen vorsehen. Die Abgabe wird wahrscheinlich von 10 auf 500 Euro pro Tonne steigen.

Und das will Fourkites wie transparent machen?

Die Transparenz der CO2-Emissionen – durch unsere Sustainability-Dashboards und andere Initiativen – und die Unterstützung unserer Kunden bei der Erreichung ihrer Nachhaltigkeitsziele sind enorm wertvoll. Wir haben viele Kunden, die sich zum Ziel gesetzt haben, ihren CO2-Ausstoß bis 2030 auf null zu reduzieren. Wenn man bedenkt, dass der Transportbereich etwa 30 Prozent der CO2-Emissionen eines Unternehmens ausmacht, gibt es viel zu tun.

Wollen Sie auch durch Übernahmen wachsen – ähnlich wie Ihr Konkurrent Sennder?

Akquisitionen sind nur ein Teil einer größeren Wachstumsstrategie. Ein echter Mehrwert für unsere Kunden ergibt sich aus einer einheitlichen, benutzerfreundlichen Lösung und nicht aus einem Flickenteppich von Silo­plattformen, daher gehen wir bei Übernahmen sehr strategisch vor. In den nächsten zwölf Monaten werden wir daher unsere EMEA-Präsenz ausbauen.

Was genau haben Sie vor?

Zunächst bauen wir ein Team auf und werden dazu zwischen 70 und 100 Mitarbeiter einstellen. Zudem setzen wir auf eine Mischung aus organischem Wachstum sowie Übernahmen, für die wir rund 50 Millionen Euro bereitstellen. Natürlich geht es aber auch weiterhin um den Aufbau, die Erweiterung und den Ausbau unseres Speditionsnetzes mit Spediteuren aller Größenordnungen. Hinzu kommt der Ausbau unserer multimodalen Präsenz, insbesondere im Schienenverkehr.

Marc Boileau ist Europachef von Fourkites Foto: Fourkites
Fourkites-Europachef Marc Boileau

Zur Person Marc Boileau

  • Marc Boileau ist seit September 2021 Senior Vice President Sales & Network Operations EMEA bei Fourkites
  • Zuvor war er beim Wettbewerber Project 44 beschäftigt, der den Schritt nach Europa über den Zukauf von Gatehouse getan hatte
  • Weitere berufliche Sta­tionen von Boileau sind die beiden Frachten­börsen Transporeon und ­Trans.eu
  • Er studierte Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule Rotterdam

Das Unternehmen Fourkites

  • Fourkites ist eine der weltweit führenden Plattformen für Lieferkettentransparenz und in 176 Ländern aktiv
  • Das Unternehmen verfolgt täglich mehr als zwei Millionen Sendungen auf Straße, Schiene, See und in der Luft sowie KEP-Transporte auf der letzten Meile
  • Neun der zehn größten Hersteller von Verbrauchsgütern sowie 18 der 20 größten Lebensmittel- und Getränke­hersteller setzen auf Fourkites
  • Das Unternehmen wurde 2014 gegründet und hat seinen Hauptsitz in Chicago, Illinois
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Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
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trans aktuell 17 / 2021
22. Oktober 2021
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