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Einsatz von Elektro-Lkw erleichtert Alle 120 Kilometer eine Ladesäule

Foto: Andreas Techel

Flottenbetreiber können den Einsatz von Elektro- und Wasserstoff-Lkw bald besser planen: Ein flächendeckendes Tank- und Ladenetzwerk soll kommen. Der Zeitplan und die Reaktionen auf die Einigung.

Wer einen Elektro- oder Wasserstoff-Lkw einsetzt, soll diesen auch unterwegs mit Energie versorgen können – und zwar auf dem gesamten TEN-V-Kernnetz der EU. Dafür haben das EU-Parlament und der Rat unter schwedischer Präsidentschaft am Dienstag den Weg freigemacht. Danach gibt es verbindliche Ziele, in welchen Abständen Flottenbetreiber eine Ladesäule oder Wasserstoff-Tankstelle vorfinden sollen.

Wo steht die nächste Ladesäule?

Die neuen EU-Vorschriften für den Aufbau einer Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) sehen bis 2026 mindestens alle 60 Kilometer eine Ladesäule für Pkw vor. Lkw-Fahrer sollen mindestens alle 120 Kilometer eine Ladesäule vorfinden. Bei Pkw müssen die Ladepools über eine Leistung von zunächst 400 kW und ab 2028 über 600 kW verfügen. Bei den Lkw-Ladeparks steht – abhängig von der Straße – eine Leistung von 1.400 bis 2.800 kW im Raum.

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2028 sollen ferner alle sicheren Parkplätze mit jeweils zwei Ladestationen ausgestattet sein. Ausnahmen kann es in Regionen in Randlage oder mit sehr geringem Verkehrsaufkommen geben. Infrastrukturziele gibt es auch für den Aufbau von Wasserstofftankstellen: Sie sollen ab dem Jahr 2031 mindestens alle 200 Kilometer auf dem TEN-V-Kernnetz auftauchen. Das TEN-V-Kernnetz umfasst die wichtigsten Langstreckenkorridore innerhalb der EU, die für den Güterverkehr besonders relevant sind.

Die ersten Reaktionen auf die Einigung fallen positiv aus. „Bereits heute behindert ein Mangel an Lade- und Tankstellen die Marktakzeptanz emissionsfreier Fahrzeuge erheblich“, sagte Sigrid de Vries, Generaldirektorin des Verbands der europäischen Fahrzeugbauer (ACEA). „AFIR spielt daher eine entscheidende Rolle bei der Umstellung auf CO2-neutralen Transport.“

ACEA bemängelt Infrastrukturlücke

Der Verband hätte sich jedoch ambitioniertere Vorgaben gewünscht und sieht angesichts einer „Infrastrukturlücke“ die CO2-Minderungsziele der EU-Kommission in Gefahr. Um die angeregte CO2-Reduzierung um minus 45 Prozent bis 2030 zu erreichen, müssten laut ACEA etwa 400.000 batterieelektrische und wasserstoffbetriebene Lkw (hauptsächlich im Fernverkehr) bis Ende des Jahrzehnts auf den europäischen Straßen unterwegs sein. Zudem müsste dem Verband zufolge ab 2030 jedes Jahr mehr als ein Drittel aller neu verkauften Lkw Null-Emissions-Fahrzeuge sein (knapp 100.000 Lkw).

Dafür erforderlich laut ACEA: mehr als 50.000 für schwere Nutzfahrzeuge geeignete Ladesäulen, darunter rund 35.000 Megawatt Ladegeräte, sowie mindestens 700 Wasserstofftankstellen. „Beim heutigen Stand der Lade- und Tankinfrastruktur sind selbst die aktuellen CO2-Ziele außer Reichweite“, erklärt die Organisation. Nach aktueller Gesetzgebung muss der CO2-Ausstoß schwerer Nutzfahrzeuge bis 2030 um 30 Prozent reduziert werden.

T&O will schärfere CO2-Grenzwerte

Die Organisation Transport & Environment (T&E) sieht die neue AFIR-Vorlage dagegen als ein starkes Argument an, um die CO2-Flottengrenzwerte noch mal nach oben zu schrauben. Das sei entscheidend, um den Einsatz von Elektro-Lkw voranzutreiben. Das EU-Parlament und die Regierungen müssten das Reduktionsziel von 45 Prozent bis 2030 vor Abschluss der Lkw-Klimaregeln weiter erhöhen. „Fehlende Ladesäulen werden oft als Vorwand genommen, um emissionsfreie Lkw nicht schneller einzuführen. Dieses Hindernis räumt der Gesetzgeber nun endgültig aus dem Weg“, erklärte Friederike Piper, Referentin für E-Mobilität bei T&E Deutschland. Der EU-Beschluss ermögliche Lkw-Herstellern ehrgeizige Absatzziele, die den europäischen Straßengüterverkehr grüner machten. „EU-Parlament und Mitgliedstaaten können die CO2-Ziele für Lkw jetzt mit der Gewissheit erhöhen, dass ausreichend Ladeinfrastruktur zur Verfügung stehen wird.“

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Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber erklärte: „Um das Henne-Ei Problem im Transportbereich und der E-Mobilität zu lösen, braucht es eine verlässliche Ladeinfrastruktur. Neben flächendeckender Verfügbarkeit in ganz Europa und einem zügigen Ausbau der Ladesäulen, ist die Verbraucherakzeptanz entscheidend für eine erfolgreiche Verkehrswende. Genau dazu wurde nach monatelangem Ringen endlich eine Einigung erzielt.“

Eine hohe Akzeptanz wollen die EU-Gremien auch dadurch erreichen, dass auch mit Blick auf die Preise Transparenz und Klarheit herrschen soll. Der Preis der Treibstoffe müsse pro kWh oder pro Kilogramm angezeigt werden, angemessen, leicht und eindeutig vergleichbar, transparent und nicht diskriminierend sein, heißt es. Laden und Tanken soll einfach mit Zahlungskarten, kontaktlosen Geräten oder in bestimmten Fällen mit einem QR-Code ermöglicht werden.

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„Die neuen Regeln werden dazu beitragen, die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe ohne weitere Verzögerungen auszubauen und sicherzustellen, dass das Fahren und Laden eines Fahrzeugs der neuen Generation so einfach und bequem ist wie eines, das auf fossile Kraftstoffe angewiesen ist“, sagte der Berichterstatter im EU-Parlament, Ismail Ertug (SPD).

Info I: Die nächsten Schritte

Die informelle Einigung über die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) muss noch von den Ausschüssen des EU-Parlaments und -Rats gebilligt werden. Danach müssen Parlament und -Rat dem Vorhaben insgesamt zustimmen.

Info II: Das Paket "Fit für 55"

  • Die neuen Vorschriften für die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) sind Teil des „Fit for 55 in 2030“-Pakets der Europäischen Kommission. Es hat zum Ziel, die Treibhausgasemissionen in der EU bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren.
  • Der Verkehrssektor war 2019 für etwa ein Viertel der gesamten CO2-Emissionen der EU verantwortlich, wovon laut der Europäischen Umweltagentur knapp 72 Prozent auf den Straßenverkehr entfielen.
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Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
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