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EcoDuo von Schmitz Cargobull Neuer Lang-Lkw steht in den Startlöchern

Foto: Schmitz Cargobull

Schmitz Cargobull bringt einen Lang-Lkw mit 31,50 Metern ins Spiel. Der EcoDuo sei eine Antwort auf den Klimawandel und entlaste die Branche nach Corona, sagt Vorstandschef Andreas Schmitz im Interview mit eurotransport.de.

eurotransport.de: Herr Schmitz, warum sollte man in der Coronakrise auch über den Lang-Lkw sprechen – speziell über Ihre neu ins Spiel gebrachte Variante EcoDuo?

Schmitz: Die Krise wird viel Geld kosten. Es braucht kreative Ideen, um sie hinter sich zu lassen und um den gewohnten Lebensstandard wieder zu erreichen. Die Politik muss schauen, an welchen Stellen sie die Unternehmen nachhaltig entlasten kann, damit diese das notwendige Eigenkapital für Investitionen wieder aufbauen können. Auch wir wollen für unsere Kunden Einsparungen generieren. Hier kommt das Konzept EcoDuo ins Spiel, eine 31,50 Meter lange Lang-Lkw-Kombination, die aus einer Zugmaschine und zwei Standardtrailern besteht und bis zu 25 Prozent Diesel einspart. Damit entlastet der EcoDuo gleichzeitig die Umwelt und könnte jährlich zwischen 3 und 4,5 Millionen Tonnen CO2 einsparen.

Welche Annahmen liegen dieser doch erheblichen Einsparung zugrunde?

Zugrunde liegt die Annahme, dass der EcoDuo europaweit im Einsatz ist und in der Mittel- und Langstrecke einen Anteil von 55 bis 65 Prozent hat. Die Einsparung – nur in Deutschland – entspricht dem CO2-Ausstoß von rund zwei Millionen Pkw.

Foto: Schmitz Cargobull/Lars Berg
Vorstandschef Schmitz: Mit einer Einsparung von 25 Prozent pro Tonnenkilometer entlasten wir die Wirtschaft massiv.

Unser Ansatz ist: Statt die Individualmobilität massiv zu beschränken, geht man besser auf den EcoDuo. Vielleicht verspürt der eine oder andere Autofahrer ein leichtes Unbehagen, wenn er auf der Autobahn eine 31,50 Meter lange Lkw-Kombination überholt. Andererseits geht er auch heute nicht dazwischen, wenn zwei Lkw rechts von ihm hintereinander fahren. Bei einem Platoon mit zehn Meter Abstand käme auch keiner auf eine solche Idee, und der wäre zum Vergleich circa 45 Meter lang.

Was ist neben der CO2-Ersparnis für Sie der besondere Reiz am EcoDuo?

Mit einer Einsparung von 25 Prozent pro Tonnenkilometer entlasten wir die Wirtschaft massiv. Die Spritersparnis ist enorm, Speditionen benötigen auf der Langstrecke außerdem weniger Fahrer und können alle existierenden Systeme weiter nutzen. Es sind keinerlei Anpassungen bei der Flotte, den Logistikzentren oder Umschlaganlagen der Bahn und Reedereien notwendig. Wir zwingen also niemandem ein neues System auf.

Der EcoDuo ist ja seit mehreren Jahren schon in Skandinavien im Einsatz. Welches sind die Erfahrungen dort?

Die Erfahrungen sind durchweg positiv. Unser Kunde Philipp Reich aus Mecklenburg-Vorpommern fährt mit zwei separaten Sattelzügen nach Rostock zur Fähre, übergibt der Reederei die beiden Trailer und holt sie bei der Ankunft in Finnland mit nur einer Zugmaschine und Dolly ab. Am Zielhafen geht es also als EcoDuo weiter. Damit reduziert das Unternehmen seine Kosten und vermeidet richtig viel CO2. Es stellt sich schon die Frage, warum wir auf der deutschen Seite im Vorlauf noch zwei Zugmaschinen nutzen müssen. Auch in Spanien laufen Versuche mit dem EcoDuo, dort sind die Fahrzeuge für ein Seat-Werk im Einsatz.

Das Konzept hat nur einen Haken – Sie brauchen eine höhere Tonnage, die in Deutschland beim Lang-Lkw bislang nicht zu erzielen war. Wie wollen Sie das ändern?

Um es klar zu sagen: Das Konzept ergibt nur unter folgenden Vorzeichen Sinn: 40 plus 30 Tonnen im Fall einer zweiachsigen Zugmaschine oder 40 plus 36 Tonnen im Fall einer dreiachsigen Zugmaschine. Wir haben für die Diskussion um eine Erhöhung der Tonnage nun eine völlig andere Basis. Als wir den ersten Lang-Lkw-Vorstoß 2004 unternommen hatten, stand CO2 noch nicht im Mittelpunkt. Damals kämpften noch Bahn und Lkw gegeneinander, die Debatten wurden ideologisch und nicht ergebnisorientiert geführt. Da haben wir uns seit dieser Zeit alle weiterentwickelt.

Video zum Thema
Lang Lkw
Mehr Ladung, weniger CO2
Inwiefern?

Allen ist klar, dass es erheblicher Anstrengungen bedarf, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Und hier liegt der EcoDuo im Vergleich zu anderen Konzepten meilenweit vorn, weil er entlastet und nicht belastet. Es gibt also keinen Grund, ihn abzulehnen. Wir müssen mit ihm nicht in die Innenstadt und nicht über jede Brücke. Man müsste den EcoDuo nur ins Positivnetz der Lang-Lkw-Verordnung aufnehmen und natürlich die Längen und Gewichte entsprechend anpassen.

Ohne bauliche Veränderungen geht es wahrscheinlich trotzdem nicht – was wäre bei Brücken und Kreisverkehren nötig?

Es gibt marode Rheinbrücken, auf denen Lkw dicht an dicht fahren, das kommt fast einem Platooning gleich. Beim EcoDuo ist das Gewicht pro Achse geringer, die Brücke leidet also weniger als durch konventionelle Lkw. Weil der EcoDuo in ganz Europa zum Einsatz kommen sollte, wäre eine europaweite Vereinheitlichung beim BO-Kraftkreis sinnvoll. Sinnvoll wäre ein Innenradius von 4,50 Metern, wie wir ihn in Deutschland haben, und ein Außenradius von 14,50 Metern, wie er in Belgien und den Niederlanden vorzufinden ist.

Das dürfte aber ein langer Weg werden, die EU von diesen Anpassungen zu überzeugen …

Guten Argumenten werden sich die Verantwortlichen der EU nicht verschließen können. Wie ernst es die EU bei der CO2-Thematik meint, zeigt sich am Green Deal. Die Anpassung muss auch nicht von heute auf morgen erfolgen. Wenn auf den letzten Metern von der Autobahn bis zum Gewerbegebiet eine enge Kurve liegt, ist das kein Beinbruch: Dann entkoppelt der Fahrer den Zug und fährt die letzten Meter einzeln. Das ist noch immer deutlich günstiger, als wenn man die Langstrecke doppelt fahren müsste. Übrigens: Der verlängerte Auflieger mit 15 Metern käme vielleicht erst gar nicht um diese enge Kurve, weil die gesamte Infrastruktur – auch die der Bahn – auf 13,62 Meter ausgelegt ist.

Andererseits fertigen Sie den verlängerten Auflieger doch inzwischen selbst – eher zähneknirschend als überzeugt?

Nationale Lösungen, die zusätzlich nicht mit bestehendem Equipment umsetzbar sind, sind einfach unglücklich. Die Zahl der Chassis, die wir für den EcoDuo für die nordischen Länder verkaufen, ist siebenmal so hoch wie unser Auftragseingang für den Langsattel in Deutschland, der nun ja 14,98 Meter lang sein darf. Fertigungstechnisch ist es für uns kein Problem: Wir verkaufen 16,50 Meter lange Trailer nach Russland, 15,50 Meter lange Auflieger in den Mittleren Osten und 14,98 Meter lange Fahrzeuge nach Deutschland. Dazu kommen noch kurze, gelenkte City-Sattel.

Das heißt, Ihre Skepsis gegenüber dem verlängerten Sattelauflieger ist unverändert groß?

Er wird einfach nicht signifikant nachgefragt. Es gibt Wettbewerber, die glauben, über die Längenentwicklung bei Sattelaufliegern einen neuen Markt zu entdecken und Kunden dazu zwingen zu können, die Flotte upzugraden. Es ist ein Fehler, das durchdrücken zu wollen. Für die Kunden ist es ein teurer Spaß. Beim EcoDuo muss keiner etwas austauschen, Standardauflieger haben europaweit die gleiche Abmessung. Das Konzept ist anbieterunabhängig, es funktioniert mit jeder Zugmaschine und allen Trailern. Daher belasten wir weder die Wirtschaft noch die Speditionen. Und es eignet sich für die Schiene. Wenn man ehrlich ist, muss man zugeben, dass kein verlängerter Trailer jemals auf der Schiene landen wird.

Vertreter der Schiene werden Ihr Konzept wahrscheinlich trotzdem nicht bejubeln, weil damit der Kombinierte Verkehr sein Tonnage-Privileg verliert.

Dem könnte man entgegenwirken. Ich könnte mir vorstellen, dass dem EcoDuo in Vor- und Nachläufen zur Schiene pro Ladeeinheit vier Tonnen mehr zugebilligt werden – also zum Beispiel 44 plus 34 Tonnen. Entscheidend ist aber, dass auch die Bahn nicht in neue Umschlagplätze und Waggons investieren muss.

Wie werden Sie nun weiter für den Einsatz des EcoDuo werben?

Wir sprechen auf nationaler Ebene mit dem Bundesverkehrsministerium und auf europäischer Ebene mit dem Fahrzeugverband ACEA, um das Konzept auch in anderen Ländern nach vorn zu bringen. Es würde mich freuen, wenn Deutschland nicht wieder am längsten braucht, um ein solches Konzept auf die Straße zu bringen. Einen Versuch auf Ebene eines Bundeslands hatten wir bereits in Vorbereitung, doch aktuell dominiert die Coronakrise überall das Geschehen. Der Versuch liegt damit erst einmal auf Eis, bis man sich besinnen wird, Umwelt und Wirtschaft entlasten zu müssen.

Zur Person

  • Andreas Schmitz ist seit April 2016 Vorstandsvorsitzender von Schmitz Cargobull. Seit 2001 ist er in unterschiedlichen Führungsfunktionen bei dem Trailerhersteller tätig, seit 2008 als Mitglied des Vorstands.
  • Der 51-Jährige studierte in den USA und machte dort bis 1998 unterschiedliche Bachelor- und Masterabschlüsse.
  • Seine berufliche Laufbahn startete er als Vertriebsleiter, ehe er vor seinem Eintritt bei Schmitz Cargobull zwei Stationen bei internationalen Beratungsgesellschaften absolvierte. Andreas Schmitz ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt mit seiner Familie in Münster.
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