Schließen

Drohnen auf der Letzten Meile Fliegende Roboter stellen Werkzeug zu

HHLA Sky, Drohnen, Hamburger Hafen, Brücke Foto: HHLA Sky

HHLA Sky entwickelt Software und Drohnen für den Einsatz auf der Letzten Meile. Das Tochterunternehmen der Hamburger Hafen und Logistik (HHLA) ist an dem bundesweit ersten Drohnen-Linienflugbetrieb beteiligt.

Drohnen werden Warenflüsse verändern: Da ist sich Matthias Gronstedt, Geschäftsführer von HHLA Sky, sicher. Im Jahr 2018 gründete das Logistikunternehmen Hamburger Hafen und Logistik (HHLA) ein Technologie-Start-up für Drohnensysteme: HHLA Sky. „Weil Innovationen schon immer die HHLA antreiben“, erklärt Gronstedt im Gespräch mit trans aktuell die Gründung, an der er beteiligt war.

Dass Drohnen in der Zukunft eine wichtige Rolle spielen werden, habe die HHLA frühzeitig erkannt. Auf dem Weltmarkt sei zu diesem Zeitpunkt keine Technologie zu finden gewesen, die den Drohnenbetrieb von A bis Z automatisierte. HHLA Sky entwickelte daraufhin eine eigene Prozessmanagement- und Leitstands-Software sowie Drohnen. „Wo bringt die Technologie tatsächlich einen Mehrwert?“ Den konkreten Nutzen von Anfang an zu identifizieren, ist laut Gronstedt wichtig. Im Drohnenbetrieb sei das die Skalierbarkeit. Also habe man konsequent daraufhin entwickelt.

Cybersicherheit ist wichtig

Die fliegenden Roboter von HHLA Sky sind mittlerweile in drei Bereichen im Einsatz: Liefern, Inspizieren und Monitoren. Das Thema Cybersicherheit hat die Entwicklung von Beginn an begleitet. Sicherheitsmechanismen sollen verhindern, dass Unbefugte Routen manipulieren oder Drohnen und deren gesammelte Sensordaten übernehmen. Die X4-Drohne, eine Monitoring-Drohne, sammelt zum Beispiel Daten in Sicherheitsbereichen. Im Hamburger Hafen können Monitoring-Drohnen auch kontrollieren, ob an Schiffen Öl ausläuft oder die Schiffsmotoren mehr Emissionen als erlaubt ausstoßen. Umweltmonitoring nennt sich dieses Einsatzgebiet. Angefangen habe HHLA Sky allerdings mit Inspektions-Drohnen und der mittlerweile KI-gestützten Inspektion von Containerbrücken im Hamburger Hafen, so Gronstedt.

Foto: HHLA/Nele Martensen
HHLA Sky ist am bundesweit ersten kommerziellen Drohnen-Lieferbetrieb beteiligt. "Es handelt sich nicht um ein Projekt", stellt Matthias Gronstedt, CEO bei HHLA Sky, klar.

Die X25-Drohne dagegen eignet sich für den Einsatz auf der Letzten Meile. Sie fliegt bis zu 25 Kilometer weit und transportiert bis zu zehn Kilogramm schwere Ware. Der sogenannte Octocopter mit acht Propellern ist sogar an einer Deutschland-Premiere beteiligt. Ende Februar dieses Jahres hat die ortsansässige Koerschulte Group in Lüdenscheid (Nordrhein-Westfalen) den bundesweit ersten kommerziellen Drohnen-Lieferbetrieb gestartet. Gebaut hat die Drohnen der Hersteller Third Element Aviation. HHLA Sky entwickelte die Software, mit deren Hilfe ein Drohnenpilot, der im sogenannten Integrierten Control Center sitzt, mehrere Flüge gleichzeitig steuern kann.

Die Drohnen transportieren Werkzeug und andere Güter des Metallwarenhändlers Koerschulte. Vor allem Expresslieferungen oder Kleinteile für kritische Produktionsprozesse mit einem Gewicht von zwei bis sechs Kilogramm. Der Lieferbetrieb sei von Beginn an auf Effizienz getrimmt. „Es handelt sich nicht um ein Projekt, sondern um einen kommerziellen Betrieb“, stellt Gronstedt klar.

Kein fernes Zukunftsszenario

Die Koerschulte Group habe die Chance gesehen, sich das Geschäft zugetraut und den Bereich aufgebaut. Sogenannte „First Mover“ wie Koerschulte würden zeigen, dass der kommerzielle Lieferbetrieb per Drohne kein fernes Zukunftsszenario mehr ist: „Das passiert jetzt.“
Es funktioniere, weil die Vorteile auf der Hand liegen. Effizienz, Qualität und Sicherheit nennt Gronstedt als Schlagworte. Die Batteriebetriebenen Drohnen sind umweltfreundlich und ihre Lieferungen berechenbar, denn sie fliegen über Staus hinweg. Im Fall von Lüdenscheid überfliegen sie die Verkehrsbehinderungen, die durch den Neubau der Rahmedetalbrücke an der A45 entstehen. Relativ sicher sind sie laut Gronstedt unter anderem, weil ein Drohnenpilot die Flüge aktiv überwacht und das Luftfahrtbundesamt jede Route überprüft.

Foto: HHLA/Daniel Nide
Im sogenannten Integrierten Control Center steuern Drohnenpiloten mehrere Drohnen gleichzeitig.

Das Luftfahrtbundesamt erteilt die Genehmigungen für die Routen. So dürfen die Lieferdrohnen in Lüdenscheid bald fünf weitere Routen nutzen. Denn Drohnen sind genauso wie Flugzeuge Teilnehmer am Luftverkehr, und die Betreiber müssen sich an die geltenden Regularien halten. Drohnen-Transporte dürfen über dem Hamburger Hafen beispielsweise nicht stattfinden. Denn der Hafen befindet sich in einer sogenannten Flugkontrollzone. Zwei Flughäfen liegen in unmittelbarer Nähe: der Hamburger Flughafen und der Werksflughafen von Airbus. Und wo bemannte Flugzeuge fliegen, gelten für unbemannte Drohnenflüge besonders strenge Auflagen.

Auch in Flugkontrollzonen liefern

Doch das Transportverbot könnte aufgehoben werden: Im vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) geförderten Projekt BLU-Space entwickeln die Beteiligten – darunter HHLA Sky – Lösungen, damit Drohnen auch in Flugkontrollzonen liefern können. Die nächsten Schritte in der Drohnenlogistik hat das Team um Gronstedt bereits festgelegt. Der kombinierte Einsatz von Drohnen und Robotern ist geplant – zum Beispiel für Express-Lieferungen oder die Lieferung von Kleinteilen vom produzierenden Unternehmen zum Zulieferer. Den mobilen Roboter für diesen „kleinen Kombiverkehr“ hat HHLA Sky ebenfalls im Programm: den Capra Hircus.

Auch Transporte im Gesundheitssektor, wie zum Beispiel von Medikamenten oder Defibrillatoren, werden bundesweit erprobt. „In Industriegebieten sind Drohnenflüge aber leichter umzusetzen als in Städten“, sagt Gronstedt. Dennoch nehme sich HHLA Sky der Herausforderung an. Denn die Drohne liefere lebensnotwendige Medizinprodukte in der Regel schneller als Fahrzeuge, die zum Beispiel im Stau stecken bleiben können.

Lebensmittel-Lieferungen per Drohne sind nicht wirtschaftlich

Lebensmittel-Lieferungen per Drohne erscheinen laut Gronstedt noch nicht rentabel. Das zeigt das Projekt „Liefermichel“, an dem der Drohnen-Hersteller Wingcopter und die Frankfurt University of Applied Sciences gemeinsam gearbeitet haben (siehe Kasten).

Anders liegt der Fall beim kommerziellen Lieferbetrieb in Lüdenscheid. Momentan stellen die Drohnen täglich 20 Pakete zu. Künftig sollen es bis zu 80 Pakete am Tag sein. Das Integrierte Control Center von HHLA Sky jedenfalls kann mehr als 100 Flüge gleichzeitig steuern – wenn noch mehr Routen freigegeben sind. Bei der Drohnenlogistik ist noch viel Luft nach oben.

Das Unternehmen

  • HHLA Sky ist ein Unternehmen der Hamburger Hafen und Logistik (HHLA).
  • 2018 gegründet.
  • Rund 40 Mitarbeitende und Partner.
  • Entwickelt skalierbare IoT-Systeme für automatisierte Drohnen- und Robotereinsätze im industriellen Maßstab: Leitstands- und Prozessmanagement-Software inklusive Hardware.
  • Drohnen: X4 (Industriedrohne zum Inspizieren und Monitoren), V25 (Inspizieren und Liefern), X11 (Inspizieren und Liefern), X25 (Liefern auf der letzten Meile); mobiler Roboter: Capra Hircus.

Das Projekt Liefermichel

  • Bewohner der beiden Michelstädter Stadtteile Rehbach und Würzberg (Odenwald) konnten von Oktober 2023 bis März 2024 über eine Internetseite Waren von regionalen Anbietern bestellen – darunter nicht-verschreibungspflichtige Medikamente und Produkte aus dem Supermarkt. Drohnen des Herstellers Wingcopter stellten die Ware zu.
  • Die Bilanz fällt durchwachsen aus. Nach Angaben eines Unternehmenssprechers sammelten die Beteiligten wichtige Erkenntnisse und Daten. Wirtschaftlich war das Projekt jedoch nicht. Dazu fehlte unter anderem die Erlaubnis, über bewohnte Gebiete fliegen zu dürfen und die Möglichkeit, dass ein Pilot mehrere Drohnen gleichzeitig steuert.
  • Eine Fortsetzung ist nicht vorgesehen. Wingcopter konzentriert sich vorerst weiter auf den Gesundheitsbereich.
Lesen Sie auch David Heller, Mitarbeiter bei Wingcopter im Liefermichel-Projekt (links), Stephan Mertins, Geschäftsführer Profi Mertins (rechts) Liefermichel erweitert Angebot Werkzeug kommt per Drohne
Unsere Experten
Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
Experte für Flottenmanagement und angewandte Mobilitätsangebote Rolf Lübke Mobilität, Fuhrpark (inkl. Wasserstoff-Expertise)
Aktuelle Fragen Bullenfänger illegal? Sind Bullenfänger in Deutschland erlaubt? Arbeitszeit: Anfahrt zum Stellplatz Ist die Anfahrt zum Lkw-Stellplatz Arbeitszeit? Digitacho (Nachrüstpflicht) Gibt es eine Digitaltacho-Nachrüstpflicht für alte Lkw?
Betriebsstoffliste 2023
Mehr als 2.500 Produkteinträge

Immer auf dem neuesten Stand: Die DEKRA Betriebsstoffliste 2023

Kostenloser Newsletter
eurotransport Newslettertitel Jetzt auswählen und profitieren

Maßgeschneidert: Die neuen Themen-Newsletter für Transportprofis.

Who is Who
Who is Who Nutzfahrzeuge 2019 WHO IS WHO Nutzfahrzeuge

Alle Hersteller, Zulieferer und Dienstleister für Nutzfahrzeugflotten.

eurotransport.de Shop
Web Shop Content Teaser Der Shop für die, die es bringen.

Zeitschriften, Bücher, Lkw-Modelle, Merchandising und mehr.