Bus-Brücke in die Ukraine Hilfe kommt auf gleich zwei Wegen

Bus-Hilfsbrücke für die Ukraine Foto: Thorsten Wagner

Hunderte von deutschen Reisebussen haben sich seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs auf den Weg gemacht, um zu helfen.

Hunderte von deutschen Reisebussen haben sich seit dem Angriffskrieg von Wladimir Putin mit Hilfsgütern für die Ukraine auf den Weg gemacht. Im Idealfall waren die Busse auf dem Rückweg dann mit Flüchtlingen besetzt, die in den Westen flüchten wollen. Auch der lastauto-omnibus-Redakteur Thorsten Wagner hat sich mit auf den Weg zum polnischen Grenzübergang Medyka gemacht.

Hilfswelle für die Ukraine rollt

Die Hilfswelle für die Ukraine rollt unaufhaltsam. Natürlich mit großen Lkw-Konvois, aber zunehmend auch mit Bussen, die fast genauso viele Hilfsgüter transportieren können, aber zusätzlich auf dem Rückweg auch Flüchtlinge mitnehmen können. Eine Zwei-Wege-Hilfe gewissermaßen. Mit von der Partie waren FlixBus aus München (die insgesamt schon 20.000 Geflüchtete und rund 20 Tonnen an Hilfsgütern transportiert haben) und auch die von Pinkbus mitorganisierte Internet-Plattform helpbus.eu, deren Ansinnen es ist, Hilfswillige mit Hilfsbedürftigen zu vernetzen. Und zu guter Letzt hat sich der Bundesverband der Omnibusunternehmer (bdo) mit dem Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) verbündet, um die vielfältigen Hilfsangebote noch besser zu verknüpfen. Das Flüchtlingshilfswerk sammelt und koordiniert derzeit Busse für Hilfstransporte für die Ukraine. Der bdo und die Landesverbände unterstützen diese Aufgabe und sind zentrale Ansprechpartner für Unternehmen, die mit dem UNHCR zusammenarbeiten wollen. Und deren gibt es viele.

lastauto-omnibus-Redakteur setzt sich ans Steuer

Redakteur lastauto omnibus Thorsten Wagner Foto: Thorsten Wagner
Thorsten Wagner, Redakteur der lastauto omnibus, setzte sich selbst ans Steuer.

Der Anfrage eines befreundeten Busunternehmers aus Rösrath, Meurer Touristik, nach einem zweiten Fahrer sagte der Redakteur spontan zu. Omnibus heißt bekanntlich „für alle“. Für den Geschäftsführer Sascha Meurer war es ohenhin eine Selbstverständlichkeit, war er mit seinem Unternehmen doch bereits nach der Flutkatastrophe im Ahrtal helfend unterwegs: „Das war für mich einfach eine Selbstverständlichkeit und im Reisegeschäft zeichnet sich sowieso kriegsbedingt schon die nächste Stornowelle ab, es wird also etwas ruhiger im Büro,“ erklärt Meurer, der neben seinem Volvo 9900 noch drei andere Reisebusse sowie vier Überlandbusse und zehn Vans im unternehmenstypischen Bananengelb am Start hat. Erste Impulse der Crew, den Bus als rollende ukrainische Flagge zu „branden“, wurden schnell wieder verworfen: „Das Geld dafür kann man anders zweifellos besser verwenden,“ berichtet er. Ein paar blaue Friedenstauben in deutlicher Abwehrhaltung aus noch vorhandener blauer Folie, am Vorabend selbst gebastelt, mussten es dann tun.

Bus bis unters Dach vollgepackt

„Die Initiative ‚Rösrath hilft‘ ist auf eine derart große Hilfsbereitschaft gestoßen, dass wir durchaus noch einen zweiten Bus hätten füllen können, aber dafür fehlten mir dann einfach die Fahrer so spontan,“ erläutert Meurer. Sein Dreiachser mit rund 14 Kubikmetern Kofferraum wurde also kurzerhand vollgepackt – und das wortwörtlich. Hinter Tür zwei sogar wurden die Pakete und Decken sogar bis zum Dach gestapelt. „Wir haben einfach alles dabei,“ sagt Meurer. „Von Nahrungsmitteln für Babys und Erwachsene, Windeln, Erste-Hilfe-Kits und medizinische Ausstattung bis hin zu Medikamenten und sogar geringe Mengen Insulin. Decken und Schlafsäcke sind natürlich auch dabei.“ Geschätzt hatte der Bus dann schlussendlich rund 20 Kubikmeter und viereinhalb Tonnen Hilfsgüter an Bord, die von rund 20 polnischen und ukrainischen Helfern außerhalb des völlig überlaufenen Ortes Przemyśl in einer konzertierten Aktion innerhalb von zwei Stunden ausgeladen wurden und noch am gleichen Nachmittag in die Ukraine zu bringen. Der Parkplatz an einem Einkaufszentrums am grenznahen Ende des kleines Ortes rund fünf Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt hat sich zu einem Umschlagplatz für Hilfsgüter aller Art ohne klar erkennbare Ordnung entwickelt, wo vor allem Vans und Pkws ausgeladen werden. Auf der Hauptstraße patroulliert die Polizei und Notfalleinsatzwagen und weitere Polizei- und Militärbusse und Fahrzeuge rasen immer wieder Richtung Grenze.

35 Flüchtlinge auf dem Rückweg mitgenommen

Bus-Hilfsbrücke für die Ukraine Foto: Thorsten Wagner
Auf dem Rückweg waren Flüchtlinge an Bord.

Natürlich mache es nicht viel Sinn, einfach einen Bus vollzupacken und aufs Geratewohl loszufahren. „Wir haben uns vorab ausführlich informiert und Connections zu Organisationen in Polen geknüpft, die die Hilfsmittel direkt in die Ukraine bringen können. Das wäre sonst das reine Chaos,“ berichtet Meurer, auch aus den Erzählungen anderer Busunternehmer, die allesamt gut vernetzt sind. Noch auf der Fahrt laufen die Drähte heiß, wer ist gerade wo und welche Flüchtlinge warten wo genau und wollen idealerweise wohin in Deutschland. „In Nordrhein-Westfalen haben wir es so spontan nicht geschafft, genug Plätze zur Aufnahme von Flüchtlingen zu organisieren, da warteten die Kommunen noch auf das Land und das wusste noch nicht, wie mit der Situation umzugehen,“ erklärt Meurer. Fündig wurde er aber schnell durch Internetrecherche im hessischen Fulda, wo eine Nachbarschaftshilfe ausreichend Plätze zur Verfügung stellte. Von den insgesamt 35 aufgenommenen Geflüchteten konnten denn auch am frühen Montagmorgen 24 in einem Hotel in der osthessischen Provinz aufgenommen werden.

Dolmetscherinnen mit im Bus

Bus-Hilfsbrücke für die Ukraine Foto: Thorsten Wagner
Das Handy ist die einzige Verbindung in die Heimat.

Ein weiterer kritischer Punkt ist die Begleitung durch Muttersprachler, da vor allem Frauen und Kinder ohne ihre Männer und Väter transportiert werden, und somit das Vertrauen in fremde Busfahrer, die man nicht versteht, doch eher gering ist. „Wir hatten dann das riesige Glück, eine Ukrainerin, die seit 20 Jahren in Lohmar lebt, und deren Cousine, die schon vor Tagen zu ihr geflüchtet ist, mitgefahren sind, auch um die Familie der Cousine an der Grenze in Empfang zu nehmen.“ Die beiden Ukrainerinnen legten denn auch sehr tatkräftig Hand an und waren perfekten Begleiterinnen in Muttersprache an Bord. In den Arbeits-Pausen konnte man beide dann wiederum pausenlos in ihre Handybildschirme vertieft sehen, um die neuesten Nachrichten aus der Ukraine zu finden. WLAN an Bord ist fast ebenso wichtig wie die Verpflegung, gerade außerhalb der eigenen Grenzen. Da dem Bus noch der eigene Router fehlte – dieser wurde aber bereits nachgerüstet – gaben die Crew-Mitglieder ihre eigenenn Smartphones als Hotspots frei und halfen den Passagieren so, sich zu verbinden.

Nächster Bus-Hilfskonvoi ist geplant

Zusammen mit einem weiteren Freund Meurers, der als Helfer bei der Flut in Erftstadt mitangepackt hatte, bildete sich so ein schlagkräftiges Team, das mehr als zwei Tage (mit einer Übernachtung in Krakau) unterwegs war, um die rund 1.400 Kilometer weite Fahrt auf der A4 zu stemmen, auf der immer wieder Busse zu sehen sind, die von Deutschland kommen. Ein echter Schnellweg der Hilfe durch Polen hindurch, auch dank des deutschen Busgewerbes, das nicht lange fackelte, sondern sich unkompliziert sofort auf den Weg machte. Und wie geht es weiter, nachdem die russischen Einschläge nun immer näher an die Grenze kommen? „Ich habe keine Angst davor,“ erklärt Meurer. Er werde bald wieder auf Tour sein – ebenso der Autor dieser Zeilen.

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