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Bei Zippel bewährt sich Biomethan im Lkw Faktencheck spricht für CNG

Einer der drei Neuen: Seit April erweitert dieser Scania R410 die CNG-Flotte von Zippel am Standort Berlin. Foto: Andrea Ertl

Acht CNG-Lkw sind künftig am Standort Berlin am Start, die Leipziger Flotte ergänzen bereits seit einem Jahr vier Sattelzüge mit Biomethan.

Zippel gibt Gas. Ob sich der Einsatz von CNG-Lkw aber rechne, hänge von verschiedenen Faktoren ab, sagt Björn Tiemann, verantwortlich für den Bereich Business Development bei der Spedition Zippel. Der multimodal arbeitende Containeroperateur mit Sitz in Hamburg verbindet europäische Wirtschaftszentren mit deutschen Nordseehäfen via Straße und Schiene.

Laut Tiemann geht es zum einen um die höheren Beschaffungskosten von CNG-Zugmaschinen im Vergleich zu herkömmlichen dieselbetriebenen Sattelzügen – und auch die Wartungskosten der nach dem Otto-Prinzip arbeitenden Motoren liegen über den Kosten für Dieselmotoren. Dagegen mache der derzeitige Preisunterschied zwischen Diesel und dem komprimierten Erdgas (Compressed Natural Gas, CNG), das in Kilogramm abgerechnet wird, den alternativen Kraftstoff deutlich attraktiver. Was allerdings den Wiederverkaufswert von CNG-Lkw angeht, gibt es im Markt bisher nur wenige Erfahrungswerte. Doch aufgrund der Marktmechanismen bei steigendem Umweltbewusstsein der Kunden, „müsste es sich eigentlich rechnen“, prognostiziert der Fachmann im Hinblick auf die politische und wirtschaftliche Entwicklung.

Um wirtschaftliche Risiken zu minimieren, sieht Zippel daher das EEN-Förderprogramm für energieeffiziente und/oder CO2-arme schwere Nutzfahrzeuge durch das Bundesverkehrsministerium (BMVI) von je 8.000 Euro pro Fahrzeug als positiv an. Ein weiterer Pluspunkt für CNG ist die Befreiung von der Lkw-Maut bis ins Jahr 2020, und der Fachmann sagt: „Wir hoffen, dass dieses Anreizsystem auch darüber hinaus fortgeführt wird.“

Wette gegen den Diesel

Interessant ist laut Tiemann auch der aktuelle CNG-Kraftstoffpreis, der bundesweit je nach Anbieter stark schwankt. Er beobachtet: „Die Unterschiede liegen bei ungefähr zehn Cent zugunsten von CNG.“ Je größer das Delta werde, desto attraktiver werde auch dieser Kraftstoff. „Es ist daher eine Wette gegen den Diesel.“ Zwischen Diesel- und CNG-Preisen bestehe übrigens keine Preiskoppelung. „Sobald jedoch der Dieselpreis brutto unter einen Euro sinkt, wie Ende 2015, dann rechnen sich CNG- Fahrzeuge nicht mehr.“ Auch in Sachen Betankungsvorgang punktet der alternative Kraftstoff, obwohl er wegen der geringeren Reichweite öfter tanken muss, denn die Zippel-Fahrer berichten positiv, dass der geruchsneutrale Befüllvorgang in rund 10 bis 15 Minuten erledigt ist.

An seinem Leipziger Standort kann Zippel mittlerweile auf einen Erfahrungsschatz von mehr als einem Jahr mit dem Einsatz von vier CNG-Lkw, allesamt Scania-Sattelzüge G340, im Fuhrpark zurückgreifen. In Berlin sind nun seit mehr als einem Monat drei Scania R410 als CNG-Lkw unterwegs, fünf weitere kommen im Juni dazu. Das Thema CNG-Lkw kam bei Zippel im Jahr 2018 durch eine Kundenanforderung in der Region Leipzig auf. Die Aufgabe habe darin bestanden, berichtet Tiemann, eine umweltfreundliche Transportkette aus Bahnhauptlauf und Lkw-Vor- oder Nachlauf zu erarbeiten und innerhalb eines Jahres am Markt zu etablieren.

„Wir haben uns dieser Herausforderung gestellt und gemeinsam mit unseren Partnern, der Verbio Vereinigte Bioenergie aus Leipzig und der Gazprom NGV Europe aus Berlin Lösungen geschaffen.“ Unterstützt hat dieses Vorhaben auch eine Pilotförderung des BMVI im Rahmen der MKS-Förderung. „Positiv stellen wir fest, dass die Zippel CNG-Transporte von unseren Kunden immer mehr nachgefragt werden“, sagt Tiemann weiter. Werde auch das Berliner Projekt erfolgreich vom Markt angenommen, werde Zippel diese Fahrzeuge auch an weiteren Standorten einsetzen. Der geringeren Reichweite gegenüber Diesel-Lkw stelle sich Zippel aufgrund der positiven Kundenreaktionen gerne.

Ein Wermutstropfen: Die wenigen für Lkw geeigneten Tankstellen sind laut Tiemann manchmal nur über Umwege zu erreichen. Doch der Experte schätzt, dass sich mit steigender Verbreitung der Technologie auch das Tankstellennetz anpasst und dann zum Betanken nicht mehr komplizierte Rangiervorgänge nötig sind.

Die CNG-Tankanlage verdichtet das Erdgas, das aus der Versorgungsleitung kommt, zunächst in einem externen Speicher auf bis zu 220 bar. Von der Größe dieses Speichers ist auch abhängig, wie viel Zeit für den Tankvorgang benötigt wird. Durch die Anzahl der Lkw, die gleichzeitig tanken möchten, könne sich die Tankdauer leicht verdoppeln. Erst kürzlich habe Zippel eine weitere geeignete Tankstelle in Berlin gefunden. „Unser Ziel ist es, eine CNG-Tankstelle in unmittelbarer Nähe des Berliner Behala-Geländes nutzen zu können“, sagt Tiemann.

CNG reduziert auch Lärm

Getankt wird bei Zippel übrigens Biomethan, hergestellt von Verbio. Eingespeist in das Erdgas-Netz bezieht Zippel das Bio-CNG an öffentlichen Tankstellen. Die CNG-Lkw stoßen aufgrund ihrer Technologie allein schon bis zu 95 Prozent weniger Feinstaub und 80 Prozent weniger Stickoxide aus als Diesel-Lkw – und reduzieren Lärm um bis zu zehn Dezibel. Und Tiemann betont: „Die Zippel-Fahrzeuge werden darüber hinaus mit abfallstämmigem Biomethan und somit nahezu CO2-neutral betrieben.“ Schon heute reicht die in Deutschland produzierte Menge an Biomethan laut Zippel für den Betrieb von rund 20.000 Lkw aus.

Sein Biogas gewinnt Verbio aus unterschiedlichen landwirtschaftlichen Roh- und Reststoffen, wie beispielsweise Gülle, Mist, Bioabfällen und Stroh. Und Claus Sauter, Vorstandsvorsitzender von Verbio ergänzt: „Niemand muss fürchten, dass hier Nahrungsmittelrohstoffe verwendet werden.“

In der eigenen Flotte setzt auch Verbio auf CNG-Antrieb. Erst in der vergangenen Woche hat Verbio drei CNG-Lkw vom Typ R410 übernommen, so dass mit insgesamt acht Fahrzeugen jetzt zehn Prozent der Flotte mit dem alternativen Antrieb unterwegs sind.

Zippel ist 45. Sicherheitspartner bei der Aktion Abbiegeassistent des BMVI. Foto: Andrea Ertl
Zippel ist 45. Sicherheitspartner bei der Aktion Abbiegeassistent des BMVI.

Umwelt und Sicherheit

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) kam im April zur offiziellen Inbetriebnahme der drei neuen CNG-Scania R410 an den Berliner Standort der Spedition Zippel am Westhafen. Dabei lobte er das „nahezu CO2-freie Verkehrskonzept im Kombinierten Verkehr“. Gleichzeitig stellte er Firmenchef Axel Plaß (links) eine Urkunde als 45. Sicherheitspartner der „Aktion Abbiegeassistent“ aus, da einer dieser Lkw mit einem solchen ausgerüstet ist.

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