Akasol Batterie-Gigafactory für Busse und Lkw

Foto: Akasol/BorgWarner

Der hessische Batteriebauer Akasol, seit einiger Zeit Teil des amerikanischen Borg-Warner Konzerns, hat in einer Rekordbauzeit von fünfzehn Monaten seine Gigafactory 1 auf einer ehemaligen Kasernenfläche in Darmstadt hochgezogen. Hier sollen in der Endausbaustufe bis zu fünf Gigawattstunden an Batteriekapazität für bis zu 10.000 Nutzfahrzeuge im Jahr gefertigt werden.

Hessen kann Gigafactories bauen ­– und das sogar mit finaler Baugenehmigung, wie der hessische Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al Wazir (Bündnis90/Die Grünen) bei der Eröffnungsveranstaltung mit einem Augenzwinkern nach Berlin-Grünheide andeutete. Nach den Worten des Akasol-Mitgründers und CEOs Sven Schulz werde die Fabrik die größte Fertigungsstätte für Nutzfahrzeugbatterien ausserhalb Chinas sein, wo man derzeit noch nicht aktiv ist.

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Der Akasol-Campus auf dem Gelände der ehemaligen US-Kelly-Baracks im Darmstädter Südwesten umfasst ein über 22.000 Quadratmeter großes Areal in verkehrsgünstiger Lage zur Bundesautobahn A5 und dem Drehkreuz Frankfurt am Main. In der 15.000 Quadratmeter großen, zweigeschossigen Produktions-, Montage- und Logistikhalle befindet sich erstmals auch ein 2.000 Quadratmeter großes Test- und Validierungszentrum zur Prüfung von Zellen, Modulen und Systemen und Gewährleistung höchster Qualitätsstandards. Neben anderen Gerätschaften arbeitet hier ein 20 t schwerer Rüttler, der 400 kN Spitzenleistung bietet sowie ein kleineres Shaker-Modell, das auch unter diversen klimatischen Bedingungen testen kann – besonders wichtig für temperaturempfindliche Batterien. Eine 600 kWp-Solaranlage auf dem Dach der Hallen speist die moderne Produktionsstätte und Büroräume als auch Hessens größten Ladesäulenpark für Elektrofahrzeuge mit über 60 Ladesäulen, allerdings ohne Schnellladepotenzial und nur für Mitarbeiter und Kunden. Der Strom fließt dabei selten unkompliziert durch simples Verbinden des Ladekabels ohne App und Co. Insgesamt werden hier in Darmstadt einmal bis zu 500 Mitarbeiter tätig sein können, insgesamt sind es beim Unternehmen laut Halbjahresbericht derzeit 374.

Foto: Thorsten Wagner
Offizielle Einweihung der Gigafactory 1 mit der feierlichen Durchschneidung des Eröffnungsbandes durch Andreas Feicht (Staatssekretär im Wirtschaftsministerium), Jochen Partsch (Bürgermeister Darmstadt), Tarek Al-Wazir (Hessischer Wirtschaftsminister), Frédéric Lissalde (CEO Borg Warner), Sven Schulz (CEO Akasol), Brady Ericson (Vice President BorgWarner), Carsten Bovenschen (CFO Akasol), Klaus-Dieter Nagel (Senior Vice President Operations Akasol) (v. l. n. r.)“

„Uns liegt es am Herzen, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im neuen Headquarter eine moderne und attraktive Arbeitsumgebung zu bieten, die sowohl das persönliche Wohlbefinden als auch den Wissensaustausch fördert. Unser Campus verfügt über eine nachhaltige Energieversorgung und eine Produktions- und Testumgebung nach höchsten Qualitätsstandards. Mit dieser Investition legen wir den Grundstein für unser weiteres Wachstum und den langfristigen Geschäftserfolg im rasanten Wachstumsmarkt Elektromobilität“, sagt Carsten Bovenschen, CFO und Personalvorstand der Akasol AG.

Borg-Warner-Übernahme belastet Ergebnis

In das neue Batterie-Werk allein sollen 100 Mio. Euro an Invest geflossen sein, die ebenfalls vor kurzem eröffnete Fabrik in Hazel Park (Michigan) seien es nochmals 50 Mio. Euro gewesen. Hier sei allerdings laut des ebenfalls am Tag der Eröffnung veröffentlichten Quartalsberichts „die Geschäftsentwicklung im ersten Quartal noch ein Stück hinter den Erwartungen zurückgeblieben.“ Anders als in Europa, wo Big Player wie Daimler Buses, Volvo und seit Neuestem auch der belgische Busbauer Van Hool (Akasol nennt seine Kunden selbst natürlich nicht explizit, allerdings war eine hochrangige Daimler-Delegation mit Technik-Chef Gustav Tuschen bei der Eröffnung vor Ort) gibt es in den USA bisher noch keine großen Leitkunden. Insgesamt zeigte sich das Unternehmen mit den Halbjahresergebnis 2021 aber zufrieden, der Umsatz konnte um satte 151 Prozent auf 45,8 Mio. Euro gesteigert werden. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) belief sich im Berichtszeitraum auf – 8,7 Mio. Euro und war laut Halbjahresbericht „durch Sondereffekte im Zusammenhang mit der Übernahme durch BorgWarner belastet“, hierzu gehörten über vier Mio. Euro für „Datenrauminfrastrukturkosten und externe Berater“. Für das Gesamtjahr „erachtet der Vorstand weiterhin eine deutliche Steigerung des Konzernumsatzes um bis zu 50% im Vergleich zum Vorjahr als im Bereich des Möglichen,“ so die Meldung zum Halbjahresabschluss.

Vom studentischen Startup zum Global Player

Hessens grüner Wirtschaftsminister Tarek Al Wazir hob besonders dien Wissenschaftsstandort Darmstadt und dessen Basis für Akasol hervor, das 1998 aus einer studentischen Solarauto-Initiative hervorgegangen war: „Gegründet von einem jungen Unternehmer aus Süddeutschland zusammen mit Forschern und Entwicklern der TU Darmstadt, hat die Akasol AG es immer geschafft, sich an der Spitze der technologischen Entwicklung zu behaupten. Akasol zählt heute zu den entscheidenden Akteuren auf dem Markt. Das Beispiel Akasol zeigt, welche Qualität der Standort Hessen hat, welche Relevanz die vielfältige Hochschullandschaft für die wirtschaftliche Entwicklung Hessens hat und welches Potenzial nachhaltige Technologien haben, um zukunftssichere Arbeitsplätze zu schaffen und wirtschaftliche Dynamik zu generieren“, so bei der Eröffnung, zu der auch der grüne Oberbürgermeister Jochen Partsch sowie die regionale Bundestagsabgeordnete und grüne Landesvorsitzende Daniela Wagner anwesend waren – immerhin ist Wahlkampf! OB Partsch freute sich denn auch über die Realisierung eines „Zentrums für Green Economy“ auf dem ehemaligen Konversionsgelände. Besonders stolz zeigte sich Al Wazir über die ersten Mercedes-Benz Elektrobusse, die in Wiesbaden und Darmstadt bereits im Einsatz sind und mit Akasol-Batterien der ersten und zweiten Generation unterwegs sind. Schon 2015 habe Hessen die bundesweit erste Elektrobusförderung auf den Weg gebracht. Am Rande des Rundgangs versicherte er uns zudem, dass Hessen bei der anstehenden landesspezifischen Umsetzung der europäischen „Clean Vehicles Directive (CVD)“ keinen Sonderweg gehen wolle.

Foto: Thorsten Wagner
Hier entstehen Batterien für Nutzfahrzeuge - die Gigafactory von Akasol und BorgWarner bei Darmstadt.

Dritte Batteriegeneration vor dem Serienstart

Hier in der Gigafactory wird bereits mit Hochdruck an der dritten Generation gearbeitet, die als „Aka CYC“ mit zylindrischen Batteriezellen ab Ende 2021 in Serie gehen sollen und bis zu 30 Prozent höhere Leistungsdaten als die Vorgängergeneration bieten. Wie Stephan Reiser, CTO des Unternehmens uns beim Werksrundgang sagte, schaue man sich natürlich auch andere Technologien wie Festkörperbatterien oder Eisenphosphatbatterien (LFP) „sehr genau an“. Im Gegensatz zu den bisherigen prismatischen Zellen, die von Samsung direkt in Form von vorgefertigten Modulen geliefert wurden, werden die CYC-Module als jeweils 600 Rundzellen in einem Modul zusammengesetzt. In einem noch weitgehend handwerklich bestimmten Fertigungsbereich (alle anderen Bereiche sind schon weitgehend automatisiert) werden zudem Batteriesysteme mit flachen Pouch-Zellen gefertigt, die vor allem in Zügen mit Brennstoffzellen als Pufferbatterien verbaut werden, die zukünftig im Taunus unterwegs sein sollen, laut Al Wazir die größte derartige Zugflotte in Europa.

Eine eigene Zellfertigung ist derzeit noch kein Thema bei Akasol, jedoch ist Frédéric Lissalde, seit August 2018 CEO des neuen Eigners Borg-Warner (ein Interview wird in lastauto omnibus Heft 9/2021 erscheinen), der mittlerweile über 89 Prozent der Aktien verfügt, überzeugt davon, dass „die Zellfertigung nach Europa und Deutschland zurückkommen werde.“ Er ließ es sich nehmen, der Eröffnung persönlich beizuwohnen und versicherte, dass Akasol auch in Zukunft im Rahmen einer „paneuropäischen Kooperation“ eigenständig und erfolgreich agieren wird. „Mit seinem Geschäftsmodell ist Akasol auf jeden Fall am Puls der Zeit,“ so der Automotive-Experte, der auch jahrelang in Deutschland tätig war.

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